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Sonntag, 30. September 2012

Die Kirchgängerin





Die Kirchgängerin

Pünktlich Sonntags um halb zehn
sah ich sie zur Kirche gehen.
Eingehüllt in schwarz ganz züchtig,
denn sie nahm die Kirche wichtig.

Mit kalten Augen und einem Lächeln
kam sie oft auch an mir vorbei,
ich grüßte sie leise, fast ehrerbietig,
doch sie sah durch mich hindurch,
so, als ob ich ein Niemand sei.

 Klein kam ich mir vor und ich fragte mich:
“Hat sie unseren Gott lieber als ich?“
In der Kirche da saß sie in der Reihe ganz vorn,
damit ihr kein Wort der Predigt  ginge verlorn.

Ja, so erlebte ich sie an heiligen Tagen,
glaubte fest, sie würde viel Liebe in sich tragen.
Doch eines Tages, da wurde mir klar,
dass alles nur Maskerade war.

Es war im Sommer, im Schlussverkauf,
ich ging durch ein Kaufhaus
sah die Menschen im Rausch,
mit Gier in den Augen auf Schnäppchenjagd,
die wohl keiner verpassen mag.

Auch ich stand am Wühltisch und fand dort ein Stück,
doch plötzlich zog jemand dran, riss es wieder zurück!
Erstaunt sah ich auf, wollte höflich was sagen,
doch da traf mich ein Blick, kaum zu ertragen,
aus jenen Augen, die beim Kirchgang so warm,
sie riss weiter und ich zog zurück meinen Arm.

Blieb sprachlos nur stehn, um sie anzuschaun,
sie bebte vor Zorn, ich glaubte es kaum,
versuchte vergeblich, sie zu verstehen,
um dann wortlos ihr den Rücken zu drehen.

An jenem Tag hab ich endlich begriffen,
dass fromm aussehende Menschen nicht gut sein müssen.
Im Alltag zu strahlen und gütig zu sein
ist mehr wert, als nur Sonntags ein Christ zu sein!

© Celine Rosenkind